Alle Beiträge von Rainer Sprengel

Energiewende, EEG, Partizipation von Bürgern und Zivilgesellschaft

Betrachtet man den Mainstream der öffentlichen Diskussion zur Energiewende, erscheinen Bürger zuallererst als Problem der Energiewende, nämlich als Energiekonsumenten, die zu viel bezahlen müssen oder als Spielverderber, die partout nicht in ihrem Garten eine schöne neue Stahltrassenoberleitung haben wollen – und das in einer Zeit, wo am hellichten Tage Regenrinnendiebe durch Berlin ziehen, um des Metalls habhaft zu werden… Man muss daher befürchten, dass die anstehende Reform des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) vor allem als technokratische Steurungsaufgabe angegangen wird – und nicht als Projekt an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Das Problem ist dabei aber nicht das NIMBY-Syndrom („Not in My Back Yard“), sondern das AKG-Syndrom („Aufgabe für Künftige Geschlechter“)  im politischen Raum und darüber hinaus. Jeder Mensch, der nicht völlig verblödet ist, kann wissen, dass es die Eigenschaft endlicher Ressourcen wie Öl oder Kohle ist, eben genau das zu sein: endlich. Angesichts der Länge der bisherigen Geschichte der Menschheit ist es dabei völlig unerheblich, ob diese Endlichkeit in 50 Jahren, 100 Jahren oder 1100 Jahren ihre brutale Realität zeigt: Schluss, aus, alles verfrühstückt. Deshalb gilt: Alles, was anders gemacht werden kann, auf der Grundlage sich ständig erneuernder Ressourcen, muss von der Generation umgesetzt werden, die es anders machen kann.  Das ist keine technokratische, sondern eine ethische Frage – deshalb ist sie ohne intensive Partizipation der Bürger nicht realisierbar. Die jetzt lebenden Generationen müssen für sich selbst entscheiden können, ob sie von ihren Urururenkeln fassungslos als egozentrische Lappen erinnert werden wollen. Übrigens: Die Regenrinnendiebe wurden von einer älteren Bürgerin aufgehalten, die nachfragte, was sie denn da Seltsames trieben…

Srukturehrenamt, Projektehrenamt und Tischtennis (BeTTV)

Der Berliner Tischtennisverband (BeTTV) und die in ihm organisierten Vereine haben eine Engagementkultur, die stark auf Strukturehrenamt ausgerichtet ist – Ausschüsse, Verbandsgericht, Staffelleiter, Vereinsvorstände, Kassierer, Präsidium usw. sichern und organisieren Mannschafts- und Einzelspielbetrieb ab. Auch die Ebene der Übungsleiter und Trainer stellt aufgrund einer gewissen, notwendigen Trainingsintensität, um überhaupt so etwas wie Tischtennis zustande zu bringen, zumindest im Jugendbereich ein bedeutendes strukturbildendes Engagement dar. Übungsleiterpauschale und Honorare hin oder her,  nur in seltenen Fällen wird dieses Engagement zum Übergang in einen Beruf. Projektorientiertes Engagement kommt vor, stellt aber vor allem die Auskleidung von Strukturen dar – es gibt z.B. eine Reihe von zyklisch vorgesehenen Turnieren, die Turnierhelfer zum Auf- und Abbau, Turnierdurchführung oder auch Buffets benötigen. Jede dieser Unterstützungsmaßnahmen lässt sich zwar als ein Projekt für sich verstehen, doch tatsächlich bilden sich auch hier schnell Teams aus, die über Jahre hinweg diese Arbeiten absichern. Im Bereich inhaltlich offener, aber gleichwohl zeitlich mit einem überschaubaren Anfang und Ende versehener Projekte gibt es noch viel Luft nach oben – und unausgeschöpftes Potenzial. Potenzial, dass von den im Überfluß vorhandenen Strukturaufgaben einfach nicht angesprochen wird.

Engagementpolitik = Philanthropiepolitik + Partizipationspolitik

Der Begriff des Bürgerschaftlichen Engagements hat sich in den letzten 10 Jahren auch deshalb einbürgern können, weil er zwei politische Gestaltungsrichtungen zusammenbindet, bei denen es um ein verändertes Verhältnis von Staat, Bürger und Wirtschaft geht. Bei der einen Richtung geht es um die Ermöglichung bürgerschaftlich orientierten Teilens von Reichtum an Geld oder verfügbarer Zeit: Geldspende, Stiftungen und Ehrenamt sind die sinnfälligsten Formen davon. Dieser Philanthropiepolitik zur Seite steht die Partizipationspolitik, bei der es um mehr Teilhabe an politischen Entscheidungen selbst, aber auch im Vorfeld solcher Entscheidungen geht: Volksabstimmungen, Bürgerhaushalte oder öffentliche Konsultationen und Runde Tische sind hierfür einige wenige Beispiele. Engagementpolitik als Kombination von Philanthropie- und Partizipationspolitik sind in Deutschland die Erben einer desillusionierten Emanzipations- und Aufklärungstradition. Das könnte Vorbildwirkung auch für andere Länder haben.